Offener Brief an Bundeskanzlerin Merkel
Wolf-Dieter Busch, Talstraße 10, 35428 Oberkleen
Frau
Dr. Angela Merkel
Deutscher Bundestag
Platz der Republik 1
11011 Berlin
Offener Brief – Grundrechte
Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,
seit Monaten beobachte ich die öffentlichen Äußerungen aus der Führung des Innenministeriums, und zwar mit wachsender Unruhe.
- In einem früheren Interview äußerte Herr Schäuble öffentlich, auch solche Geständnisse zu verwerten, die von ausländischen Geheimdiensten duch Folter erpresst werden – abgesehen von verletzten Grundrechten auch ohne Rücksicht auf deren Glaubwürdigkeit.
- Obwohl die Online-Durchsuchung von privaten PCs höchstrichterlich als illegal disqualifiziert wurde, äußert Herr Schäuble unverändert die Absicht, diese einzuführen (Spiegel Online, 2. Juni 2007). Ich lege aber Wert auf mein Privatleben, das sich auch auf meinen PC erstreckt.
- Herr Schäuble fordert Einführung eines Straftatbestands der „Verschwörung“ sowie die Kompetenz, für „Verschwörer“ selbstverständliche Grundrechte aufzuheben: Handy-Verbot, Internet-Verbot, vorsorgliche Internierung (Spiegel Online, 7. Juli 2007). Das nehme ich nicht hin, denn es könnte auch mich betreffen.
- In einem Atemzug fordert er die Kompetenz, Terrorverdächtige gezielt zu töten.
- Er fordert, die Bundeswehr – entgegen ihrem gesetzlichen Auftrag – innerhalb des eigenen Landes einzusetzen. Das bedeutet für mich als deutschen Staatsbürger, dass sie auch gegen mich eingesetzt wird. Das ist Bürgerkrieg. Sollte ich etwa zurückschießen?
Diese öffentlich geäußerten Forderungen spotten jeder Beschreibung. Sie wären zum Lachen, kämen sie nicht von meinem zuständigen Innenminister.
Das Grundgesetz bietet Rechtsstandards, die den Bürger vor Staatswillkür schützen. Es entstand vor dem geschichtlichen Hintergrund der Willkürherrschaft 1933-45, die wir auf keinen Fall wieder erleben wollen. Mit Rücksicht auf die Tatsache, dass die NSDAP 1933 nicht etwa die absolute Mehrheit hatte, sondern nur etwa 44% der Stimmen, ist diese Gefahr nicht gedanklich, sondern sehr konkret. (Ich hoffe, Sie stimmen mir zu.)
Die geäußerten Bestrebungen sind geeignet, Willkürschranken aufzuheben. Das leistet Staatsterror Vorschub. Der beunruhigt mich weit mehr als irgendwelche Terrorwarnungen.
Bitte beachten Sie, dass die oben aufgeführten Forderungen relevant sind für Anwendung von Grundgesetz, Artikel 20, Absatz 4: „Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“ Es ist denkbar, dass einzelne prüfen, ob der Fall anwendbar ist. Ich jedenfalls würde zu diesen gehören.
Sehr geehrte Frau Merkel, das ist kein Spaß mehr. Ich gebrauche mein verbrieftes demokratisches Recht und fordere Sie dringend auf, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Ich schreibe Ihnen nicht vor, wie Sie das anstellen sollen – etwa durch Maßregelung oder neue Besetzung des Innenministeriums – aber bitte tun Sie etwas, bevor es zu spät ist.
Freundliche Grüße
Wolf-Dieter Busch
8.7.2007
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