Grundsatzpapier AfD

AfD. Der politische Gottseibeiuns. Klinkt sich in offensichtlichen Missständen ein, schleicht sich ins Vertrauen der Wähler, und wenn er dann im Parlament sitzt, dann ...

Als AfD dann 2016 ins Parlament von Meckpomm einzog, war meine innere Einstellung von Sarkasmus geprägt. – 2017 ist sie nun zweistellig in den Bundestag eingezogen, ist in YouTube-Kanälen äußerst präsent, und die (von mir erwartete) Selbstdemontage fiel aus.

Stattdessen – ich kann es nicht besser sagen – folgte ganz ordentliche Opposition. Also „Merkel jagen“ ist nicht nur so daher gesagt, die treiben die Regierung gut vor sich her. Erstmal Respekt.

Jetzt hab ich mir mal deren Grundsatzprogramm runtergeladen (nicht dass ich das je bei einer Partei getan hätte, etwa der „Verräterpartei“). Schaun wir mal in Ruhe durch. Statt uns durch alle 78 Seiten zu ackern konzentrieren wir uns auf Punkt 1 Demokratie und Grundwerte. Und los gehts:

Punkt 1.1 Volksabstimmung nach Schweizer Vorbild – „Kann“- oder „Sollte“-Bestimmung? – 1.1.1 Verpflichtende Referenden für sämtliche Grundgesetz-Änderung. (Derzeitiger Stand: ⅔ des Parlaments müssen zustimmen). Volltreffer! Allein wegen der periodischen Aushöhlung des grundgesetzlichen Fernmeldegeheimnisses stehe ich senkrecht im Bett. Metaphorisch. Mittlerweile braucht ein telefonisch Überwachter nicht mal nachträglich über die Maßnahme informiert zu werden, wenn irgendwelche Larifari-Kriterien dagegen sprechen. Also: Bingo für den Punkt, und Bürgerrechtler in der FDP, ihr habt einen Nachfolger.

Punkt 1.2 Schlanker Staat für freie Bürger – sorry, da steht mir zu wenig konkretes, um es gut oder schlecht zu finden. In manchen Aspekten wünsche ich ausdrücklich einen Fetten Staat: bei Krankenversorgung, Sozialversicherung, Sozialhilfe. Muss.

Punkt 1.3 Gewaltenteilung gewährleisten, 1.4 Trennung von Amt und Mandat – hatte ich gar nicht auf dem Schirm: Regierung ist Exekutive (ausführende), Parlament ist Legislative (gesetzgebende Gewalt). Sind derzeit nicht getrennt. AfD, soeben habt ihr bei mir gepunktet. Hätte ich übrigens gegliedert als Punkt 1.3 und 1.3.1, aber ok.

Punkt 1.5 Macht der Parteien beschränken – 1.5.1 Parteienfinanzierung dem Verfassungsrecht anpassen, den Anlass haben wir soeben erlebt; 1.5.2 Freie Listenwahl und freies Mandat – statt vorgefertigter Listen mit „sicheren Plätzen“ eine „freie Listenwahl“. 1.5.3 Verkleinerung des Bundestages. 1.5.4 Wider das Berufspolitikertum: Amtszeit begrenzen – JA GENAU! – Und wenn ihr das durchkriegt, gibts von mir ein Gänseblümchen mit einer Torte untendrunter! Denk ich an die bleierne Kanzlerschaft von Merkel ... und vorher Kohl ... genau.

Punkt 1.6 Lobbyismus eindämmen; 1.6.1 Private Rentenvorsorge für Parlamentarier; 1.6.2 Einführung eines Straftatbestandes der Steuerverschwendung: klingt gut, aber zu unkonkret.


Zusammengefasst, die Beschreibung des derzeitigen Ist-Zustands könnte vom Sprachstil her auch in Telepolis stehen. Erfrischend.

Sollte ich sie wählen? Oder sollte nicht? Ich werde einen Teufel tun und euch das hier erzählen.

Donnerstag, den 21. Juni 2018, um 14 Uhr 41