Gendern der Sprache
Ein notwendiger Meinungsartikel
Vor kurzem veröffentlichte Stephan Schleim bei Telepolis den interessanten Artikel „Warum die Wissenschaft nicht frei ist“. Der Autor passte seinen Text geschlechtsneutral an, indem er bei jeder Benennung von Personengruppen beide Geschlechter ausdrücklich benennt, also anstelle „Wissenschaftler“ (Personen im Forschungsbetrieb) ausdrücklich „Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen“. Dieses Verändern der Ausdrucksweise heißt „gendern“.
Im Kommentarbereich fragte ich nach der Notwendigkeit des Genderns. Der Autor begründete es mit dem ehrenhaften Ansinnen, niemand solle sich bei seinen Texten ausgegrenzt fühlen.
Ehe ich fortfahre, diese Anmerkung: bei meinen Heise-Kommentaren interessiere ich mich durchaus für die Bewertung der Leser, die im Farbfeld – rot oder grün – dargestellt ist. Vor Reaktion des Autors war mein Kommentar kaum beachtet. Nach Beginn der Diskussion erfolgte rege Bewertung durch die Leser. Im Schlusskommentar empfahl der Autor mir eigene Veröffentlichung in Telepolis. Darum und wegen des sichtlichen Leser-Interesses dieser Artikel.
Grammatisches genus ungleich biologisches Geschlecht.
Die Website belleslettres.eu zeigt im Artikel „Der Führerin entgegen“ die linguistische Genese der genera in der indogermanischen Sprachfamilie auf.
In Kürze: das erste genus war das Neutrum, das sich auf das Objekt menschlichen Handelns bezieht, etwa „den zu pflückenden Apfel“. Das zweite genus ergab sich dialektisch aus dem ersten: das „andere Ende“ des Achse, also der Akteur – Mann oder Frau egal. Unser heutiges Maskulinum. Das dritte genus, heute Femininum, wurde erforderlich, wo beide nicht anwendbar sind: bei Abstraktion, etwa „Familie“, „Wald“, „Fischereiwesen“.
Dank Jahrhunderten des Sprachwildwuchses ist das heute nur in Spuren erhalten, und der Löffel, die Gabel, das Messer sind aus reiner Konvention „männlich“, „weiblich“, „sächlich“, ebenso der Mond, die Sonne, das All.
Dass der heutige Alltagsgebrauch das grammatische Paar „maskulin / feminin“ als biologische Dichotomie „männlich / weiblich“ auffasst, ist als Konvention allgemein akzeptiert: es ist weder gut, noch ist es schlecht. Sondern es ist so.
Nun zum generische Maskulinum: der „Student“ bezeichnet nicht einen Mann, sondern die Kategorie „Person mit Status immatrikuliert“. Der „Arbeitgeber“ umfasst auch die Chefin. Und bei innerstädtischem Stromausfall mit anschließender Entglasung spricht man selbstverständlich nicht von „Plünderern und Plünderinnen“, denn es geht um die Tatkategorie, nicht ums Geschlecht: darum also „Plünderer“.
Beim generischem Maskulinum ist die Zuordnung „grammatisches genus“ zu „biologischem Geschlecht“ außer Kraft – trotz rein phonetischer Nähe.
Die Ablehnung des generischen Maskulinums beraubt die deutsche Sprache eines wesentlichen Ausdrucksmittels, denn es gibt keinen Ersatz: „Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler“ ist eine Aufzählung, keine Kategorie, wie der Textzusammenhang erfordert.
Ein Leck in der Sprache ist die Mutter der Kollateralschäden.
Schluss
Das gegenwärtige Gender Mainstreaming betreibt massive Erziehungsmaßnahme durch staatliche Vorgabe künstlich „geschlechtsneutral“ gemachter Sprache. Der Artikel verzichtet an dieser Stelle aus Gründen der Zielkonzentration auf Bewertung des Gender Mainstreaming, der Gender Studies und Frauenförderung.
Ohne also darauf einzugehen, bleibt die conclusio: eine Sprachregulierung „von oben“ mit destruktiver Nebenwirkung ist mit Entschiedenheit abzulehnen. Sie nimmt der Sprache die erforderliche Ausdruckskraft.
Gegenderte Sprache ist schadhaft und abzulehnen.
Dienstag, den 10. Oktober 2017, um 11 Uhr 57
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